Afghanen treffen im Rahmen des Aufnahmeprogramms am 5. März am Flughafen Berlin-Brandenburg ein / picture alliance/dpa | Sebastian Christoph Gollnow

Migrationspolitik - Einreiseflüge von Afghanen vorerst gestoppt – doch Deutschland zahlt weiter

Tausende Afghanen warten mit gültiger Aufnahmezusage in Pakistan – doch plötzlich wurden die Flüge gestoppt. Während Deutschland Millionen in Unterbringung und Verfahren investiert, bleibt unklar, ob die Versprechen je eingelöst werden.

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Felix Huber studiert Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin.

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Noch vor rund einer Woche war – trotz öffentlicher Kritik an den undurchsichtigen Visaverfahren – ein weiterer Flieger mit Afghanen in Leipzig/Halle gelandet. Zwei weitere Einreiseflüge aus Pakistan standen Gerüchten zufolge ebenfalls noch in der Pipeline der scheidenden Bundesregierung – nun sind sie alle doch überraschend auf Eis gelegt worden. Offiziell sei die Planung solcher Charterflüge „sehr komplex“, so der Sprecher des Auswärtigen Amts, Sebastian Fischer, am Mittwoch in der Bundespressekonferenz. Über die politischen Beweggründe hinter der Entscheidung gab es keine Auskunft – stattdessen wurde erneut auf komplexe Flugkapazitäten und andere Formalitäten verwiesen. Woher das plötzliche Umschwenken kommt, kann also zunächst nur vermutet werden. Fischer betonte auch, dass die neue Bundesregierung in zwei Wochen entscheiden müsse, wie es mit den Aufnahmeprogrammen für Afghanen weitergeht.

Gemeint sind damit 2600 Menschen mit gültiger Aufnahmezusage durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die derzeit in Islamabad festsitzen. Nur 350 davon sind allerdings laut Bundesinnenministerium überhaupt als frühere Ortskräfte identifiziert. Laut Angaben des Auswärtigen Amts laufen die Visaverfahren und Sicherheitsprüfungen weiter, während der Flugverkehr ruht: Deutschland bezahlt weiterhin Hotels und Versorgung – auf Basis von Verwaltungsakten, die rechtlich binden und kein Ablaufdatum haben. Für die Sicherheitsgespräche sind derweil Mitarbeiter des BKA, aber auch des Verfassungsschutzes in Islamabad vor Ort. Ein tatsächlicher Stopp sieht anders aus.

Dabei ist das Dilemma einzig und allein hausgemacht. Die Ampel-Regierung hat leichtfertig tausende Aufnahmezusagen erteilt – lange bevor Sicherheitsverfahren oder Visavergaben abgeschlossen waren, die für eine Einreise nach Deutschland zwingend erforderlich sind. Die Menschen vor Ort verkauften angesichts der Aufnahmezusage teilweise ihr gesamtes Hab und Gut und warten nun auf die versprochenen Flüge. Dabei war das gesamte Programm schon länger umstritten, da private Nichtregierungsorganisationen die Vorauswahl der Antragsteller trafen – und es dadurch immer wieder zu gravierenden Problemen bei der Identitätsfeststellung und Visavergabe kam. Auch die Bedenken deutscher Sicherheitsbehörden wurden im Auswärtigen Amt lange nicht ernst genommen. Erst nachdem Cicero darüber berichtet hatte, stoppten Baerbock und Faeser das Aufnahmeprogramm vorübergehend.

Fragen bleiben vorerst ungeklärt

Ein Blick auf die Zahlen macht das Problem deutlich: Von den 36.300 Menschen, die über verschiedene Programme nach Deutschland kamen, waren laut Angaben des Auswärtigen Amts nur rund 20.800 tatsächlich Ortskräfte – inklusive Angehöriger. Der Rest reiste über andere Wege, teilweise auf Grundlage fragwürdiger NGO-Empfehlungen. Was als humanitäre Rettung startete, geriet zunehmend außer Kontrolle. Die Wiederaufnahme der Flüge wurde aus verschiedenen Richtungen kritisiert – besonders, da bei manchen Passagieren weiterhin berechtigte Zweifel an deren Identität bestehen. Unter anderem hatten diverse CDU-Politiker in den vergangenen Wochen einen vorzeitigen Stopp der geplanten Einreiseflüge aus Pakistan gefordert – so auch Andrea Lindholz in Cicero.

Nun also der plötzliche Flugstopp – kurz vor dem Regierungswechsel. Im Koalitionsvertrag von SPD und Union steht der klare Wille, das Bundesaufnahmeprogramm „so weit wie möglich“ zu beenden. Doch wie das konkret aussehen soll, war keinem auf der Bundespressekonferenz klar. Denn es bleibt juristisch völlig offen, ob man bindende Zusagen ohne weiteres zurücknehmen kann. Reicht dafür ein konventionelles Gerichtsurteil oder ein Beschluss – oder müsste am Ende vielleicht sogar das Verwaltungsverfahrensgesetz geändert werden? Könnten afghanische Staatsbürger aus Islamabad heraus die deutsche Regierung auf Einhaltung ihrer bindenden Zusagen verklagen? All diese Fragen bleiben vorerst ungeklärt.

Auf den letzten Metern der Ampel-Regierung Symbolpolitik und Zeitspiel

Statt Klarheit gibt es also auch auf den letzten Metern der Ampel-Regierung Symbolpolitik und Zeitspiel. Zuschauer in Fußballstadien quittieren solches Verhalten für gewöhnlich mit Pfiffen, die deutschen Wähler bei der vergangenen Bundestagswahl mit desaströsen Ergebnissen für SPD und Grüne. Unvergessen bleiben derweil die zwei fast schon provokant inszenierten Abschiebeflüge nach Afghanistan – einer davon kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, einer kurz vor der Bundestagswahl. Schon damals musste sich die Bundesregierung den Vorwurf gefallen lassen, die Bürger mittels taktischer Kniffe für dumm verkaufen zu wollen. Nun der abrupte Einreisestopp – ein dritter Flug, der diesmal nicht stattfand, aber ein ähnlich ungutes Gefühl hinterlassen dürfte. Denn ein echtes Umdenken in Sachen Migration ist weiterhin nicht zu erkennen, und irgendwie bleibt dann doch alles beim Alten: Die Verfahren vor Ort laufen weiter, die Zusagen gelten immer noch, Charterflüge gibt es vorerst keine mehr – und Deutschland zahlt immer noch die Zeche. 

Die Ampel hat mit großzügigen Zusagen Erwartungen geweckt, die sie zwei Wochen vor dem Ende ihrer Regierungszeit nicht mehr einlösen kann oder will. Derzeit sieht alles danach aus, dass der interne Konflikt zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesinnenministerium mit dem Aussetzen der Charterflüge aus Pakistan auch deswegen auf Eis gelegt wurde, um den Amtsabschied der zuständigen Ministerinnen Nancy Faeser und Annalena Baerbock möglichst geräuschlos über die Bühne bringen zu können. Bloß keinen Staub mehr aufwirbeln, bloß möglichst wenig verbrannte Erde hinterlassen.

Mit den Spätfolgen der Bundesaufnahmeprogramme wird sich nun die neue Bundesregierung auseinandersetzen müssen. Ob sie die im Koalitionsvertrag angekündigte Einschränkung tatsächlich umsetzen wird, bleibt abzuwarten. Denn wie genau man rechtlich mit bindenden Aufnahmezusagen umgeht, ist weiterhin unklar – ebenso, ob die politische Entschlossenheit dafür am Ende wirklich ausreicht.

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Ernst-Günther Konrad | Do., 24. April 2025 - 14:58

Die Ampel ist längst abgewählt, die Bürger wollen deren Politik nicht mehr und trotzdem reist Baerbock noch in der Weltgeschichte umher und ihre verwerfliche und gesetzesbrecherische Politik wurde bis zum bitteren Ende fortgeführt. Und jetzt angeblich ein Stopp? Ich frage mich überhaupt wie es möglich ist, das angebliche Kollaborateure, sog. Ortskräfte unbehelligt ausreisen können? Wieso lassen die Taliban eigentlich solche Leute aus dem Land? Das waren doch Überläufer, welche die sie bekämpft haben. Die Taliban sind doch so böse und morden was das Zeug hält, oder doch nicht? Bekommt die Taliban Regierung gar noch Geld für die Ausreise der verräterischen Afghanen? Und wenn ich Frauen und Kinder lese, die angeblich ausgereist sind, waren das demnach gar keine Ortskräfte? Was für ein verlogenes Spiel Baerbock doch getrieben hat. Und wenn man dann noch liest, dass die meisten bereits bei der Ausreise gefälschte Dokumente vorlegten, dennoch ausreisen durften und nunmehr hier sind? Würg.

Für solche Zustände sind meines Wissens all jene verantwortlich, die nicht den politischen Wandel durch die AfD gewählt haben.
Bei diesem Teil der deutschen Bevölkerung kann man sich offensichtlich dafür bedanken. 😉

Sabine Lehmann | Do., 24. April 2025 - 17:35

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Heute landete eine Boing 737 gut bestückt mit neuen "Fachkräften" aus dem islamischen Sudan. Nicht, dass dort Ortskräfte oder Fachkräfte ansässig wären, lieber Herr Konrad, Gott bewahre! Nein, sie tun das, weil "sie" es können.
Wenn man wirtschaftlich u. auch sonst in sämtlichen elementaren Bereichen eines ehem. funktionierenden Staates am Boden liegt, wie ein Messie in seinem Müll, dann kommt es auf ein paar weitere verheerende Fehlentscheidungen und noch mehr Import nicht-kompatibler Mitglieder für eine "diverse" Gesellschaft auch nicht mehr an.
So geht der deutsche Wahn in einer Redundanzschleife aus lebensgefährlichen & Existenz bedrohlichen Aktionen einer offenbar völlig entfesselnden politischen "Elite" weiter, für die dringend ein neuer Straftatbestand mit vorgesehener anschließender Sicherungsverwahrung geschaffen werden müsste. Nämlich für Amtsträger & Politiker, die ihrem Land, für das sie verantwortlich sind, vorsätzlich lebensbedrohliche Schäden zufügen. "Läuft" für uns!!